Martin Amanshauser

Klammer mag man eben

Kleiner Abstecher in die Nockberge – über einen bescheidenen Star und über ein Dorf, das Nachhaltigkeit lebt.

Franz Klammer kommt aus dem skiliftlosen Mooswald. In jungen Jahren musste er, damit aus ihm der berühmteste Abfahrer eines Jahrtausends werden konnte, nach Bad Kleinkirchheim ausweichen. Heute sitzt er in der Unterwirt Hütt´n und erzählt, wie er eines Abends nach dem Skifahren nicht abgeholt wurde. „Ich hab die 25 Kilometer Heimweg zu Fuß gehen müssen. Zum Glück waren das noch die weichen Skischuhe!“ Geschichten wie diese kennt jeder, der eine Jugend in handylosen Epochen durchlebt hat. Ein guter Erzähler wie Franz Klammer verleiht dem kollektiven Erlebnis instinktiv etwas Verbindendes: Wir beide wissen, wie das war.

Wo andere Stars krampfhaft darauf beharren, durch den Erfolg „nicht verändert“ worden zu sein, lebt der freundliche Klammer die Normalität eines österreichischen Olympiasiegers – hier ein Autogramm, dort ein Foto plus Lächeln – mit der souveränen Geduld desjenigen, der begriffen hat, dass er nicht mehr nur sich selbst gehört. Besonders hier in Bad Kleinkirchheim, wo ihn jeder kennt und eine Weltcup-Abfahrtsstrecke seinen Namen trägt.

Die Unterwirt Hütt´n, mitten im Skigebiet, erreicht man Abends via Traktortaxi. Diese Jinglebellskutsche ohne Pferde, aber mit Pferdestärken, rumpelt, schlittert und wackelt pistenquerend nach oben. Die Hütte in ihrer orangefarbigen Beleuchtung wirkt unter dem Mond unwirklich, als stünde sie in einem fremden Universum. Doch Schweinsbraten und Tafelspitz schmecken wie aus diesem. Für die Abfahrt stehen Rodeln bereit (lange Unterhosen nicht, doch solche benötigt man), ein Ski-doo leuchtet die Piste aus, die Schwerkraft verhilft zu einer rasanten Partie ins Tal.

Die Südseite der Alpen ist natürlich was anderes. Sie bietet keine berauschenden Schneemengen, doch dafür scheint mit guter Zuverlässigkeit die Sonne, 1.900 Jahresstunden. Die Beschneiungsanlagen lassen, gemeinsam mit nächtlicher Raupenaktivität, das sympathische, mittelgroße Skigebiet am Rande des Nationalparks Nockberge recht gut dastehen – wobei die wirkliche Entdeckung der Gemeindeteil St. Oswald ist. Denn in der Landschaft des Talschlusses mit seinen Gehöften liegen die familientauglichen Pisten in südseitiger Sonne, und man findet noch Raritäten wie den einen oder anderen Tellerlift.

Das urige St. Oswald ist eines der bestdokumentierten Dörfer Österreichs – aufgrund der volkskundlichen Arbeit von Oswin Moro, der ab den Zwanzigerjahren die Arbeitstechniken der Bergbauern dokumentierte und neben 52 Aufsätzen und Skizzen über die bäuerliche Gedankenwelt unzählige Fotografien anfertigte. Die kann man auch heute sehen, sie hängen, originell koloriert, an den Wänden der Apartments in den Feriendörfern Kirchleitn. Neo-Besitzer Wolfgang Schneeweiß hat gemeinsam mit seiner Frau Margit etwas unmöglich scheinendes geschafft: Sie belebten die beiden einst von Robert Rogner aus dem Holz jahrhundertealter Bauernhäuser errichteten Feriendörfer neu, 44 Häuser mit über 150 Apartments – nachdem diese dreißig Jahre von der TUI bewirtschaftet worden waren. Die Idee besteht darin, konzerngeführte Dorfhotels in persönlich geführte Bergdörfer rückzuverwandeln. „Die Generationen vor uns haben von der Landwirtschaft gelebt“, denkt Wolfgang Schneeweiß in großen Kategorien, „und jetzt leben wir seit zwei bis drei Generationen vom Tourismus. Gleich bleibt aber, dass wir zusammengehören.“

Schneeweiß ist selbst ein „Doaswalder“ – so werden die St. Oswalder in der Region seit jeher genannt. Und diese Doaswalder führen ein Lehrstück für modernen Tourismus vor. „Jeder tut bei uns, was er kann“, erklärt Schneeweiß ein Programm, das an vielen ländlichen Orten in Vergessenheit geraten ist, „wenn einer etwas nicht kann, springt ein anderer ein.“ Nachhaltigkeit ist für das Dorf kein Schlagwort, sondern Realität, die St. Oswalder Betriebe haben sie sich zum Unternehmen „Doaswald – Bergdorf – Resort“ zusammengeschlossen und sorgen mit dem Kraftwerk „Biowärme St. Oswald“ seit diesem Winter für die Deckung des lokalen Wärmebedarfs von rund 80 Gewerbe- und Privatobjekten – als Energielieferant dient Hackgut aus der Region.

Die Anlage von St. Oswald ist der dritte Schritt zur autarken Wärmeversorgung Bad Kleinkirchheims, inzwischen werden 80% des Gemeindebedarfs biologisch gedeckt. Beeindruckende Zahlen, denn da kommt viel zusammen. Man denke an den lokalen Wellness-Tempel Thermal Römerbad: auf 4.000 Quadratmeter stehen insgesamt 13 themenbezogene Saunen zur Verfügung, mit Blick auf die reizvolle „Franz Klammer“-Strecke. Daneben gibt es noch eine zweite Therme, St. Kathrein, etwas kleiner, etwas älter, aber auch weniger überlaufen – und mit Standortvorteil, liegt sie doch direkt gegenüber der Konditorei Hutter, berühmt für ihre Dobostorte.

Franz Klammer nippt indessen in der Unterwirt Hütt´n an seinem kleinen Bier, zu dessen Genuss er bei soviel Trubel kaum gekommen ist, und schiebt es zur Seite: „Ist schon zu warm geworden …“ Außerdem will jetzt jemand ein Foto. Und ein Autogramm. Zwischenfrage an den Olympiasieger: Was tut einer wie er eigentlich die ganze Zeit? „Am liebsten spiele ich Golf, das könnte ich jeden Tag tun.“ Und was ist seiner Ansicht nach der beste Golfkurs der Welt? „Natürlich Bad Kleinkirchheim! Die zahlen mich dafür, dass ich das sage. Warum lachen Sie? Es stimmt ja, schauen Sie ihn einfach selbst an. Der Kurs hier ist wirklich total schön!“

Harmony´s Hotel Kirchheimerhof, Familie Hinteregger, Mailbrunnweg 37, Bad Kleinkirchheim, www.harmonys.at/wellness-hote-oesterreich

Feriendörfer Kirchleitn Kleinwild (Vier-Sterne-Dorf, gehört zu den Kinderhotels Europa) und Großwild (Drei-Sterne-Dorf), Rosennockstraße, St. Oswald/Bad Kleinkirchheim, +43 42408244, ferien@kirchleitn.com, www.kirchleitn.com

Doaswald Berg-Resort, www.doaswald.at, bzw. Bad Kleinkirchheim, www.badkleinkirchheim.at